Seit 30 Jahren alles im Blick: So funktioniert die Netzleitstelle der Stadtwerke 

Sie ist das Herzstück für die sichere Versorgung von mehr als 150.000 Menschen mit Strom, Gas, Wärme und Wasser: Die Leitstelle der Stadtwerke Jena Netze. Hier laufen alle Informationen zu unseren Leitungen und Anlagen zusammen. Gibt es irgendwo Probleme, fällt es hier zuerst auf. Und wird schnellstmöglich Abhilfe organisiert. Am 1. August 2023 feiert die Stadtwerke-Leitstelle ihr 30-jähriges Bestehen.  

Wahrscheinlich kann das Team um Leitstellenleiter Stefan Buchweitz heute nur noch milde lächeln, wenn die zwölf Männer (tatsächlich: nur Männer) auf die Anfänge ihrer Netzleitstelle blicken. Im Wasserwerk Burgau war ab 1992 eine erste Leitwarte entstanden, die zunächst ausschließlich der Überwachung der Wasser- und Abwasseranlagen in Jena diente. Und spätestens als im August 1993 auch die Fernwärmeanlagen integriert wurden, war die Verbundleitstelle geboren. Seit diesem Tag war und ist die Stadtwerke-Leitstelle rund um die Uhr stets von mindestens einem Kollegen besetzt, 365 Tage im Jahr – ohne eine einzige Ausnahme, seit inzwischen genau 30 Jahren. Dafür unseren Dank und Respekt. Und natürlich: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Einen kleinen Einblick, was IHRE Leitstelle so alles tut, geben euch Stefan und Daniel hier in unserem kurzen Video.

Aus einem bescheidenen PC wurden bis zu acht Bildschirme

Übrigens soll es dem Vernehmen nach auch in dieser allerersten Leitstelle schon einen Computer gegeben haben – durchaus eine kleine Besonderheit, Anfang der 1990er. Inzwischen sind die Dinger (auch wenn es im Video nicht so wirkt) aus dem Arbeitsalltag der Kollegen natürlich nicht mehr wegzudenken. Für den Ernstfall gibt es zwar von allen Leitungsnetzen, Anlagen- und Schaltplänen auch noch großformatige Papierausdrucke. Aber die Hauptarbeit der Kollegen spielt sich am PC ab.

Um die acht bis zehn Bildschirme zierten zwischenzeitlich den Arbeitsplatz der Leitstellenkollegen. Inzwischen ist jeder Arbeitsplatz „nur noch“ mit einem einzelnen extragroßen sowie zwei normalen Bildschirmen ausgestattet. Die Zahl der zu beobachtenden Anzeigen ist dennoch gleichgeblieben: Von den unterschiedlichen Leitsystemen für die jeweiligen Medien über Brandmeldeanlagen, Videoüberwachungen bis hin zu Notrufsystemen für allein arbeitende Kollegen reicht da die Bandbreite.

Vor allem aber laufen in der Stadtwerke-Leitstelle alle Informationen zusammen, die den aktuellen Betriebszustand, die Funktionsweise und die Auslastung unserer Netze und Anlagen zur Versorgung mit Strom, Gas, Wärme, Wasser und Abwasser betreffen. Jegliche Abweichung vom „gewünschten Zustand“ führt unmittelbar zu einer Systemmeldung – und die Kollegen machen sich direkt an die Problemlösung. Das geht manchmal sogar mit einem Klick direkt vom PC aus. Auch Störungsmeldungen von Kunden gehen bei der Leitstelle ein und werden umgehend bearbeitet.

Störungsbehebung: Manchmal geht’s sogar vom Schreibtisch aus

Was dafür zu tun ist und wie schnell das alles geht, hängt stark vom betroffenen Medium ab. Seit 1998 ist auch das Stromnetz in die Stadtwerke-Leitstelle integriert. Mit Hilfe des Stadtwerke-eigenen Glasfasernetzes wurden zudem spartenübergreifend immer mehr Anlagen mit der Leitstelle vernetzt und zentral überwachbar bzw. steuerbar gemacht.

Im Strombereich ist dieser Automatisierungsprozess für die großen Schaltanlagen am weitesten vorangeschritten: Fehler in einem der Umspannwerke können die Kollegen oft schon direkt aus der Leitstelle heraus lokalisieren und erste Maßnahmen zur Behebung einleiten. Wenn das Problem so weit eingegrenzt ist, wird der Bereitschaftsdienst dann ganz gezielt losgeschickt. Such- oder Eingrenzungsschaltungen der Leitstelle (Wie weit fließt der Strom? Wo kommt es zur Unterbrechung? Wo muss also der Fehler liegen?) in Zusammenarbeit mit den Kollegen vor Ort helfen dabei, die Fehlerstelle abschließend zu isolieren. Ähnlich gut aus der Leitzentrale heraus steuerbar sind die sogenannten Kopfstationen, die im Versorgungsgebiet verteilten Knotenpunkte im Mittelspannungsnetz.

Schwieriger sind die – leider recht häufigen – Störungen im Niederspannungsnetz zu beheben. Hier kann die Leitstelle zunächst nicht viel machen. Häufig bekommt Sie den Fehler telefonisch gemeldet, grenzt die Stelle basierend auf den bereitgestellten Informationen ein, und informiert dann den Bereitschaftsdienst. Dann müssen die Kollegen rausfahren, die betroffenen Bereiche abgehen und die entsprechenden Anlagen direkt vor Ort überprüfen.

Manchmal geht die Problemlösung direkt vom Schreibtisch aus.

Noch weniger Möglichkeiten, „vom Schreibtisch aus“ zu unterstützen, hat das Leitstellenteam bei den “flüssigen Medien” Gas, Wasser, Abwasser, Wärme: Kommt es hier zu Defekten oder Havarien, muss ganz handfest und vor Ort gehandelt werden. Der Bereitschaftsdienst muss schnellstmöglich hinfahren und die betroffenen Leitungsabschnitte „ganz händisch“ abschiebern oder anderweitig vom Netz trennen. Dass dies reibungslos klappt, die benötigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ggf. aus der Bereitschaft geholt werden und rechtzeitig zur Verfügung stehen – auch dafür ist die Leitstelle zuständig. Nachts und an Wochenenden haben dafür immer mindestens zwei bis drei Kollegen Rufbereitschaft. Im Fall von größeren Krisenereignissen darf die Leitstelle sogar jeden Stadtwerke-Mitarbeiter, den es zur Havariebeseitigung braucht, zum Dienst “einberufen”.

Zwischen Hermsdorf und Erfurt: Tausende Kilometer Leitungen und unzählige Anlagen

Viel Verantwortung – und das für ein immer größer werdendes Netzgebiet. Über alle Medien geschaut, reicht das Versorgungsgebiet der Stadtwerke inzwischen von Camburg bis Pößneck, von Hermsdorf bis kurz vor Erfurt. Mehr als 150.000 Menschen leben hier. Und für deren Versorgung verlaufen durch diese riesige Fläche allein 2.310 Kilometer Stromleitungen, 543 Kilometer Erdgasleitungen, 258 Kilometer Fernwärmeleitungen und 938 Kilometer Wasserleitungen. Ganz zu schweigen von den unzähligen Pumpwerken und Trafohäuschen, Brunnen und Druckregelstationen, Einspeisepunkten und Übergabeschächten, die es für deren reibungslosen Betrieb ja auch noch braucht… Mit diesen Zahlen vor Augen, hält sich das Störungsgeschehen von statistisch rund 35 meist kleinen, nur wenige Kunden betreffenden Vorfällen pro Woche eigentlich noch in Grenzen.

Das Versorgungsgebiet ist riesig, zur Veranschaulichung dienen Karten in der Leitstelle. Die Hauptarbeit läuft aber am PC.

Krisenfall Saale-Hochwasser: Alle Medien und sehr viele Kollegen betroffen

Dennoch kommt es auch bei einer so gut geölten Maschinerie wie unserer Netzleitstelle manchmal ganz dicke: Mit Grausen denken die Kollegen an die beiden Saale-Hochwasser 1994 und 2013 zurück. Damals waren quasi alle Medien gleichzeitig betroffen, genauso wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese zu informieren und zu koordinieren und gleichzeitig den Kontakt zu Rettungskräften und Behörden zu halten – hier hat sich die Leistungskraft der Netzleitstelle gezeigt.

2001 war die Leitstelle übrigens aus dem Wasserwerk Burgau ins damals neu errichtete Stadtwerke-Haus umgezogen. 2013 wurde sie dann nochmal komplett umgebaut und modernisiert. Wochenlang hielten die Kollegen damals den Netzbetrieb aus ihrem Bauzeit-Domizil – einem kleinen Besprechungsraum – heraus am Laufen.

Um für Krisenfälle besser gerüstet zu sein, wurde ab 2016 auf die Schaffung einer vollwertigen Ersatzleitstelle hingearbeitet. Die wurde dann nach langer Standortdiskussion tatsächlich Ende 2019 fertiggestellt – und ab März 2020 auch direkt gebraucht. Um die Leitstellenkollegen in der Corona-Pandemie vor gegenseitiger Ansteckung zu schützen, arbeiteten von da an zwei komplett getrennte Leitstellenteams abgeschirmt vom Rest des Unternehmens in eigenen und in sich geschlossenen Schichtsystemen.

Zwei große Havariefälle inmitten der Corona-Pandemie

Denn das Störungsgeschehen nahm auf die Pandemie ja keinerlei Rücksicht: So musste die große Fernwärmehavarie in Jena-Nord, als im Februar 2021 bei zweitstelligen Minustemperaturen fast 5.000 Menschen 19 Stunden lang ohne Heizung dastanden, unter Corona-Bedingungen bewältigt werden. Und auch die bisher größte Havarie-Serie, als es im September 2021 in Pößneck-Ost immer wieder zu längeren Stromausfällen innerhalb des gleichen Leitungsringes kam, fiel in diese schwierige Zeit.

Die große Fernwärmehavarie in Jena-Nord musste die Leitstelle im Februar 2021 unter erschwerten Corona-Bedingungen bewältigen

Und manchmal, da ist man auf alles vorbereitet, und es passiert: Nichts. Wie in der Silvesternacht vom 31.12.1999 – als sich das Leitstellenteam mit Mehrfachschichtbesetzung und einer Reihe von Sondervorkehrungen und Krisenszenarien auf mögliche Auswirkungen des Millenniumswechsel zum Jahr 2000 vorbereitet hatte. Und einfach mal gar nichts geschah. Bilanz einer ruhigen Silvesternacht: So ist es den Kollegen aus der Leitstelle am liebsten…

Übrigens: Unsere Leitstelle sucht immer nach Nachwuchs und freut sich über neue Kolleginnen und Kollegen, die unser Netz am Laufen halten wollen. Wenn Ihr Interesse geweckt ist, dann schauen Sie gerne bei unseren Stellenangeboten vorbei. Mehr zum Thema Streckennetz und dabei insbesondere zum Thema Fernwärme findet sich auf unserem Blog.

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  1. […] der Stadtwerke Jena Gruppe, der 365 Tage im Jahr rund um die Uhr wirklich immer besetzt ist. Seit inzwischen genau 30 Jahren. Dass Weihnachten ist, spielt da für die Diensteinteilung irgendwie auch kaum eine Rolle. […]

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