Auf den Spuren der Straßenbahnen in Jena
Ein ganz besonderes Jubiläum begeht der Jenaer Nahverkehr diesen April: Vor 120 Jahren, am 6. April 1901, fuhr das erste Mal eine Straßenbahn im Linienbetrieb durch die Saalestadt. Sie startete an der Haltestelle „Zentrale“ (Elektrizitätswerk) und fuhr über den Holzmarkt zur Endhaltestelle „Schubertsburg“ am Fuße der Mühlenstraße. Die landespolizeiliche Abnahme der Straßenbahnstrecke erfolgte fünf Tage zuvor, am 1. April 1901. Dieses Jubiläum wollen wir nutzen, um den Spuren der verschiedenen Straßenbahn-Generationen in Jena während der vergangenen 120 Jahre nachzugehen und diese für Sie noch einmal ins Gedächtnis zu rufen:
Die Straßenbahntypen im Wandel der Zeit:
Von Breslau bis Valencia – von der Gründung bis in die Gegenwart
Als am 6. April 1901 der Straßenbahnverkehr in Jena aufgenommen wurde, startete das Unternehmen mit 17 Triebwagen von der Breslauer Aktiengesellschaft für Eisenbahn-Wagenbau. Bei diesen Fahrzeugen war der Führerstand noch nicht verglast, die Fahrzeugführer standen und waren „Wind und Wetter“ ausgesetzt.
In den Jahren 1929 und 1930 wurden je fünf Stück neue Triebwagen aus der Gothaer Waggonfabrik in Betrieb genommen. Der historische Triebwagen 26 ist ein Vertreter dieser Serie. Dieser Wagen fuhr von 1929 bis zur Einstellung des Straßenbahnbetriebes 1975 mit der Nummer 19 in Eisenach im Linienverkehr. Am 12. März 1976 wurde er auf Initiative von Nahverkehrsfreunden nach Jena überführt und kam erstmalig am 26. März 1976 anlässlich der Jubiläumsveranstaltung zum 75. Geburtstag der Straßenbahn zum Einsatz.
Prägend für den Jenaer Straßenbahnfuhrpark bis in die frühen 2000er Jahre waren die „Gothawagen“ des Standardtyps ET 57. Von 1954 bis 1962 wurden 13 dieser Triebwagen in Betrieb genommen und beförderten über viele Jahrzehnte die Fahrgäste durch die Saalestadt. So ist zum Beispiel der zweite historische Triebwagen des Nahverkehrs mit der Nummer 101 bereits seit 1959 in Jena. Das Fahrzeug ist im Einsatzzustand des Jahres 1993 unterwegs.
Mitte der 90er Jahre begann die Modernisierung des Straßenbahnfuhrparks. Am 13. Dezember 1995 traf die erste Niederflurstraßenbahn des Typs GT6M-ZR der Firma Adtranz in Jena ein, im Jahr 1996 wurden zehn dieser Niederflurfahrzeuge in Dienst gestellt. Bis November 1997 trafen insgesamt 19 Fahrzeuge ein. Nachdem von Mitte 2002 bis Mitte 2003 weitere 14 Straßenbahnen des Typs GT6M-ZR nach Jena geliefert worden waren, konnten die „Gothawagen“ aus dem planmäßigen Linienbetrieb genommen werden.
Seit 2014 ergänzen fünf Straßenbahnen des Typs Tramino von der Firma Solaris den Fuhrpark des Jenaer Nahverkehrs – und bereits in der Planung und Beschaffung ist die nächste Fahrzeuggeneration, der 800er TRAMLINK Jena von der Firma Stadler (Valencia).
Nachdem 2002 und 2003 immer mehr Niederflurfahrzeuge ihren Betrieb aufnahmen, stellte sich wieder die Frage: Was wird eigentlich aus den vielen Gothawagen, die nicht für die historische Flotte benötigt werden?
Die Nachfrage war schon Ende der 90er Jahre erstaunlich groß. Und auch etliche Fahrzeuge fanden Anfang der 2000er Jahre eine neue Heimat. Dabei war die Spannbreite der Zielorte als auch der zukünftigen Nutzung sehr groß. Von der Nutzung als Aufenthaltsraum auf einem Jenaer Campingplatz, als Baubüro in Eisenberg, als Begegnungsstätte im Gemeindezentrum Ludwigsdorf bis zur Nutzung als Kulturstätte in Wunsiedel – die ausgesonderten Bahnen waren vielfältig einsetzbar.
Einige Trieb- und Beiwagen wiederum waren in so gutem Zustand, dass sie noch in anderen Städten im Fahrgast- und Linienverkehr eingesetzt werden konnten. Bei der Ringbahn in Naumburg sind heute noch zwei Reko-Triebwagen und ein Reko-Beiwagen sowie drei Gotha-Triebwagen und ein Gotha-Beiwagen aus Jena im Bestand, davon sind ein Reko-Trieb- und ein Reko-Beiwagen sogar noch täglich im Einsatz. Zwei Fahrzeuge befinden sich in Revision und werden für den künftigen Einsatz vorbereitet.
Die weiteste Reise traten die beiden Triebwagen 102 und 138 im Oktober 2003 nach Istanbul an. Nach drei Wochen Umbau und Lackierung wurden die Bahnen ab November auf der neu eröffneten Ringbahnstrecke im asiatischen Teil Istanbuls eingesetzt.
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